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Der gute Geist der Götzenburg

29. Mai 2022 von Ann-Kathrin Halter

Von Anton Frisch

Jagsthausen. Sie thront über dem Jagsttal und zieht seit Jahrhunderten die Menschen in ihren Bann. Die Rede ist von der Götzenburg in Jagsthausen, die Ende des 14. Jh. in Besitz des Rittergeschlechts von Berlichingens gekommen sein soll. Auch wenn sich Götz von Berlichingen (1480 bis 1562) auf mindestens drei anderen Burgen aufgehalten haben soll, waren die Jagsthäuser die ersten, die ganz in der geschäftstüchtigen Tradition von Berlichingens ihre Burg unweit des Geburtsortes des Ritters mit der Eisernen Faust ins öffentlichkeitswirksame Licht rückten. Gemeint ist die Idee der Burgfestspiele, welche die adeligen Nachkommen, ein Gastwirt und ein Friseur 1949 gehabt haben sollen und diese Idee 1950 in die Tat umsetzten. Und zwar auf der Burgbühne mit einer Aufführung „Götz von Berlichingen“ nach dem gleichnamigen Geschichts- und Charakterdrama in fünf Akten (1773) von Johann W. Goethe (1749 bis 1832). Das alles ist weitestgehend bekannt, aber der Mann, der seit 23 Jahren die historischen Gegebenheiten in Jagsthausen Interessierten aus nah und fern leidenschaftlich näher bringt, hat doch nach Meinung vieler, noch mehr Aufmerksamkeit verdient.

Gemeint ist Markus Müller, der sich bei den Burgfestspielen „um alles außer um die Kunst kümmert“, wie er selbst sagt. Dem studierten Historiker und Verfechter von regionalen Dialekten gelingt es, seine Zuhörer bei Rundgängen und Vorträgen sehr unterhaltsam über die Geschichte der Götzenburg und ihrer Bewohner zu informieren. So geschehen jüngst im Gewölbekeller besagten Prachtbaus, der, wie bei der Gelegenheit zu erfahren war, ein Ensemble aus ursprünglich drei Burgen darstelle. Als Beleg dienen unter anderem die unterschiedliche Baustile der einzelnen Bereiche.

Schauspieler, Regisseure und Assistenten, die sich aktuell auf die am 11. Juni beginnenden Burgfestspiele 2022 Jagsthausen in und um der Götzenburg vorbereiten, zeigten sich sehr angetan während des anderthalbstündigen geschichtlichen Ausfluges mit Markus Müller. Vor allem das Team der Theaterproduktion von „Götz von Berlichingen“ erhielt anhand des Vortrags noch die eine oder andere Antwort auf Detailfragen. So zum Beispiel die Rolle des Götz von Berlichingen im Zuge der Bauernkriege Anfang des 16. Jahrhunderts. Der Ritter mit der Eisernen Faust habe auch hier seine bereits in den dutzenden Fehden der vorangegangenen Jahrzehnte entwickelten geschäftstüchtigen Strategie des gegeneinander Ausspielens verschiedener Parteien mit seinen rigorosen Mitteln genutzt. Seien es bei den Fehden (Streithandlung mit Waffengewalt) seine Honorarforderungen nicht nur für den Kampf selbst, sondern auch für seine Unkosten gewesen, hätten während der Bauernkriege seine Rechtsstreits zu Geldleistungen geführt, die am Ende eben auch der Götzenburg in Jagsthausen zu Gute gekommen seien. Auch die Zeit vor seiner Gefangenschaft in Heilbronn (1519 bis 1522) habe Götz von Berlichingen gewinnbringend zu nutzen gewusst, so dass der in vielen Kreisen unbeliebte Adelige als Amtmann in Möckmühl ab 1517 einen strategisch vorteilhaften Posten inne gehabt haben soll.

Im Jahr davor, 1516, sei er unter anderem nach einer Fehde mit Philipp von Waldeck für ein paar Tage und Nächte in der Wallenburg in Trusetal im Thüringer Wald, ein 27 Meter hoher Schutzturm aus dem 13. Jh., untergekommen, welcher unweit der Lutherstadt Schmalkalden liegt, die unter anderem wegen des Schmalkaldischen Bundes, ein geschlossenes Verteidigungsbündnis protestantischer Fürsten und Städte unter Führung von Kursachsen und Hessen gegen die Religionspolitik des katholischen Kaisers Karl V. im 16. Jh. eine historisch wichtige Rolle spielte. Dies sei an dieser Stelle nach Informationen des Ortschronisten aus Trusetal erwähnt, da unter den Zuhörern von Markus Müller auch Interessierte Zuhörer mit Bezug zum Thüringer Wald weilten. Zumal Götz von Berlichingen im Türkenkrieg 1542 an der Seite von Karl V. gefochten habe.

Kurz um: Die Geschichte Jagsthausens verbunden mit Götz von Berlichingen findet zurecht große Aufmerksamkeit durch die Burgfestspiele. Die Ausführungen von Markus Müller stehen dem in nichts nach, bringt der Historiker doch die geschichtlichen Zusammenhänge in eingängiger Weise auf den Punkt und gibt damit vielen noch mehr Anlass, sich mit dem Jagsttal vor Ort und darüber hinaus zu beschäftigen – also ganz im Sinne des einstigen Tausendsassa Götz von Berlichingens.